Nachfolge - den Jesusweg gehen
‚Nachfolge‘ so lautet auch der Titel eines der meistgelesenen Bücher von Dietrich Bonhoeffer. Erstauflage 1937. Dort schrieb er: „Nachfolge ist Bindung an Christus ... Ein Christentum ohne den lebendigen Jesus Christus bleibt notwendig ein Christentum ohne Nachfolge, und ein Christentum ohne Nachfolge ist immer ein Christentum ohne Jesus Christus; es ist Idee, Mythos. Ein Christentum, in dem es nur den Vatergott, aber nicht Christus als lebendigen Sohn gibt, hebt die Nachfolge geradezu auf. Hier gibt es Gottvertrauen, aber nicht Nachfolge. Allein weil der Sohn Gottes Mensch wurde, weil er Mittler ist, ist Nachfolge das rechte Verhältnis zu ihm. … Nachfolge ohne Jesus Christus ist Eigenwahl eines vielleicht idealen Weges, vielleicht eines Märtyrerweges, aber sie ist ohne Verheißung.“
Mitte der 60er Jahre unterstreicht der Neutestamentler Rudolf Kittel: „Jesu Wirken kann kaum ohne seinen Ruf zur Nachfolge und Nachfolge im Christentum nicht ohne die Nachfolge auf Christus hin verstanden werden.“ Und er weist aus die „Ausschließlichkeit“ hin, „dass es für die Urchristen nur eine Jüngerschaft und darum nur eine Nachfolge gibt, nämlich das Verhältnis zu Jesus.“
Genau betrachtet kennt das Neue Testament zwei Dimensionen von Nachfolge. Einmal die vorösterliche, ‚irdische‘ Nachfolge der Jünger. Und auch der Jüngerinnen: Markus berichtet von „Maria von Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus des Kleinen und des Joses, und Salome, die ihm nachgefolgt waren, als er in Galiläa war“. Lukas nennt Maria Magdalena, Johanna und Susanna „und viele andere“ sogar in einem Atemzug mit den Zwölfen. Diese ‚vorösterliche Nachfolge‘ ist Antwort und Gehorsam auf den Ruf Jesu.
Die ‚österliche Nachfolge‘ des Auferstandenen aber hat nicht mehr das konkrete physische Folgen Jesu zum Inhalt. Sie zielt auf mehr: auf die Nachahmung Seiner Lebensart, -einstellung und Seines Lebensstils durch Seine Jüngerinnen und Jünger. Ein Ziel, das ihnen Jesus bereits in den Evangelien deutlich vor Augen gestellt hat: „Wer mir folgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir nach.“ (Lk 9,23) - Ein Ziel, dass sich dann in den Gemeindebriefen des Neuen Testaments vollends ausformuliert findet - zum Beispiel im Brief an die Gemeinde in Ephesus: „Werdet nun Gottes Nachahmer als geliebte Kinder und wandelt in der Liebe, gleichwie auch Christus uns geliebt und sich selbst für uns gegeben hat“ (Epheser 5,1+2).
Von hier an zieht sich die Nachfolge als Ausdruck christlicher Lebensart wie ein roter Faden durch die Geschichte des expandierenden Christentums: von den Märtyrern in den römischen Arenen über Augustinus und das Mönchtum bis hin zu den Reformbewegungen von Wycliff und Hus. Als das 14. Jahrhundert alle Kennzeichen eines Verfalls des geistlichen Lebens aufwies, war es Thomas von Kempen, der das Thema mit seinem Buch ‚Die Nachfolge (lateinisch: imitatio = Nachahmung) Christi’ aufnahm und eine geistliche Gegenbewegung ins Leben rief.
Auch Luther schrieb bereits in seinen Ablassthesen von 1517, das ganze Leben des Christen müsse eine stete Buße sein - und schließt mit der Aufforderung, die Christen zu ermahnen, ihrem Haupt Christus durch Kreuz, Tod und Hölle nachzufolgen. Ähnlich Johannes Calvin und Huldrych Zwingli.
Und als sich die geistlich erneuernde Kraft der reformatorischen Bewegung in der lutherischen Orthodoxie verlief, waren es Philip Jakob Spener, August Herrmann Francke und Nikolaus Ludwig von Zinzendorf und viele andere, die mit dem Ruf zur Nachfolge Jesu Kirchen und Gemeinden neue Aufbrüche und neues Leben ermöglichten. Das gilt auch für Dietrich Bonhoeffer und seine Bücher ‚Gemeinsames Leben‘ und ‚Nachfolge‘, die nicht zuletzt auch auf die historische Situation der Kirche im Nationalsozialismus reagieren.
Gegen Ende des 20. Jahrhunderts ist es aber zumindest in der Volkskirche merklich still geworden um das Thema ‚Nachfolge‘. Die Schweizer Theologin Sabrina Müller ist Mitglied der Leitung des Zentrums für Kirchenentwicklung an der Universität Zürich. In einer ihrer Veröffentlichungen schreibt sie 2022 im Blick auf die aktuelle evangelische Religionspädagogik und die Praktische Theologie: „Einschlägige Entwürfe im deutschsprachigen Raum scheinen hier weitestgehend ohne den Begriff der Nachfolge auszukommen“. So wird er „beispielsweise im Register des neuen Lehrbuchs Praktische Theologie von I. Karle (2020) nicht aufgeführt … Im einschlägigen Handbuch Praktische Theologie von W. Gräb und B. Weyel (2007) kommt der Begriff als eigenes Thema nicht vor, ist jedoch im Register zu finden, wobei er im 870-seitigen Handbuch sechsmal vorkommt. … Auch im neuen religionspädagogischen Standardwerk von M. Domsgen findet sich der Begriff nicht im Register.“
Macht das volkskirchliche Schweigen zum Aufruf Jesu „Folge mir nach!“ deutlich, dass Säkularisation nicht nur der Abschied von einer Religion ist? Sondern auch von einem Thema: ‚Gibt es einen Gott, vor dem wir verantwortlich sind?‘ - Religionssoziologen weisen darauf hin, dass ein derartiger Säkularisierungsprozess in dieser Größe und in diesem Beziehungsrahmen auf die westliche Welt geschichtlich einzigartig ist. Bislang habe so ein Prozess nur in christlichen Ländern stattgefunden, weil es in anderen Religionen diese Vorstellung von einem freien einzelnen Subjekt und einer freien Entscheidung zum Glauben und zur Nachfolge so nicht gibt.
Sicher ist festzuhalten: Es ist nicht nur negativ, dass Staat und herrschende Gewalten die Freiheit von Glaubensüberzeugungen garantieren.
Aber um so mehr sollten Christen, Kirchen und Gemeinden sich beides nicht nehmen lassen: Die Nüchternheit, um zu sehen und zu erkennen: Was hier passiert, hat große Auswirkungen. Und viele davon werden nicht positiv sein. Und die Hoffnung im Blick auf den Auferstandenen. In jeder Zeit der Geschichte gibt es Grund, hoffnungsfroh nach vorne zu schauen und Seinem Ruf zu folgen: „Was geht es dich an? Folge Du mir nach!“ (Johannes 21,22).
Darüber und über den ‚Jesusweg‘ spricht am kommenden Sonntagabend bei uns in der Abendkirche Bochum Pfarrer Dirk Scheuermann. Er kommt mit drei Fragen: „Wie sieht der Lebensstil eines Christen aus?“ - „Warum bezeichnet Jesus diesen Lebensstil als Nachfolge?“ - „Ist der Weg das Ziel, wenn wir Jesus nachfolgen?“ Und mit drei ermutigenden Impulsen: „Warum Nachfolge unglaublich schön und alternativlos ist.“ - „Warum Jesus Nachfolge als Kreuzesnachfolge definiert“ - „Warum uns die Psalmen helfen, Nachfolge zu leben und zu verstehen“.
Über Dirk Scheuermann und die Ämter und Dienste, die er neben seinem Pfarramt versieht, gäbe es viel schreiben. Beachtenswert aber ist vor allem seine Gemeindearbeit in Velbert-Nierenhof. Die WAZ hat vor einigen Jahren die Gottesdienste dort unter die Lupe genommen. Verwundert über die Tatsache, dass sich in einer ganz normalen evangelischen Kirchengemeinde am Sonntagmorgen rund 400 Menschen zum Gottesdienst versammeln. Die Gemeindeglieder, die von der Zeitung auf mögliche Gründe dafür befragt wurden, antworteten, dass die Gottesdienste „extrem darauf ausgerichtet“ seien, den Glauben zu stärken.
Wir freuen uns auf einen glaubensstärkenden Abend mit Dirk Scheuermann und Musik von Anna de Vries, Anna Wiedersprecher und Gabriele Wienand und der Band der Abendkirche mit vielen Worship-Klassikern und deutschen Lobpreistiteln zum gemeinsamen Einstimmen in Lob und Dank für den, der uns in die Nachfolge ruft.
Im Anschluss wie immer: Zeit für gute Gespräche. Für ‚Gemeinsam Gutes Genießen‘ im Abendkirche Bistro. Wir lassen den Abend entspannt ausklingen - und freuen uns auf Sie und Ihre Gäste, die Sie gern zahlreich mitbringen können.