Worship & Mission

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Die Seligpreisungen der Bergpredigt (5)

Selig sind, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihrer ist das Himmelreich. (Matthäus 5,10)

Timothy Keller lehrte Praktische Theologie an verschiedenen amerikanischen Universitäten. Ende der 1980er Jahre gründete er eine New Yorker  Innenstadtkirche, die inzwischen rund 250 Tochtergemeinden in weit über 40 Städten hat. Zentrum seiner Arbeit und seines Denkens ist die Option für ein relevantes zeitgenössisches und urbanes Christentum.  In dieser Woche twitterte er: „Die Kirche ist voll von selbstgerechten, verärgerten und verbissenen Menschen. Sie legen zwar das Lippenbekenntnis ab, dass sie durch Christus gerettet seien. Aber das wahre Betriebssystem ihres Herzens ist ihre selbstgerechte Überzeugung, dass Gott sie aufgrund der Reinheit ihrer Lebensführung und Lehre liebt.“
Ein Geist der Selbstgerechtigkeit durchweht auch zunehmend Gesellschaft und Politik. Nicht zuletzt angefacht durch stets präsente Forderungen nach und Bekenntnisse zu mehr Klimagerechtigkeit, gendergerechter Sprache und politischer Korrektheit. Die aktuelle Politik setzt auf den ‚guten‘ Menschen, der um seine ‚Güte‘ weiß - und sich ihrer einfach versichern kann, in dem er vorgegebenen Moralkodexe seinen Gehorsam erweist.

Also auch an Pfingsten wieder ein politisches Thema? - Ja. Und nein.

‚Ja‘: „… immer mehr Politiker haben eine innere Gewissheit darüber, was gut ist. Damit schaden sie dem Land, den Menschen, die sie gewählt haben und oft noch vielen Menschen über Landesgrenzen hinaus.“ Das schreibt Historiker mit Schwerpunkt NS-Verbrechen und Ideologiegeschichte Julien Reitzenstein 2019 beim Magazin Cicero.
Demgegenüber stellt er den in Artikel 56 des Grundgesetzes festgelegten Amtseid für Politiker. Der schreibe eben nicht vor, dass ein Amtsträger danach streben soll, Gutes zu tun, sich für das Wohl nur seiner Wähler einzusetzen oder seinen Gefühlen zu folgen. Stattdessen sei er aber verpflichtet, sich dem Wohle des deutschen Volkes zu widmen und Gerechtigkeit gegen jedermann zu üben. Das Grundgesetz verlange, dass Amtsträger sowohl der Neigung Böses wie der Neigung Gutes zu tun, widerstünden und stattdessen politische Maßstäbe zur Grundlage ihrer politischen Entscheidungen zu machen. „Politik muss gerecht sein, aber eben nicht nur für eine Gruppe, sondern ausgewogen. Sie muss politischen Notwendigkeiten und Grundsätzen folgen. … Populismus ist eben auch, wenn Politik der Neigung nicht widersteht, das Gefühl für das Gute über politische Grundsätze und Notwendigkeiten zu stellen.“ - Klingt fast ein wenig nach dem, was Luther 1528 schrieb: „Die Führung des Staates muss nicht heilig sein, auch seine Regierung braucht keine christliche sein. Es genügt völlig, dass im Staat die Vernunft herrscht.“

Und ‚Nein‘: Die achte Seligpreisung Jesu in der Bergpredigt spricht denen das Himmelreich zu, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden. Der evangelische Theologe, Pädagoge, Autor und Leiter des Missionsseminars Hermannsburg Olav Hanssen (1915-2005) schreibt in seiner Auslegung: „Für den Gerechten ist offenbar kein Platz auf dieser Erde. Das ist für die Christenheit von Anfang an kein totes, logisches Prinzip, sondern erfahrene Wirklichkeit gewesen, seit diese Seligpreisung sich im Leben unseres Herrn verwirklicht hat: der Sohn Gottes, der Gerechte schlechthin, ist verfolgt worden bis zum Tod am Kreuz, darum hat Gott ihn erhöht und zu seiner Rechten gesetzt.  Seitdem kann man nicht mehr harmlos von der Gerechtigkeit reden, als ob für sie noch irgend ein Platz in der menschlichen Gesellschaft wäre.“
Hanssens Lehre und Wirken war durchdrungen von der pfingstlichen Überzeugung: Gerechtigkeit kann allein der Geist Gottes gegen den leidenschaftlichen Widerstand des menschlichen Herzens und gegen alle Selbstgerechtigkeit verwirklichen. Ohne damit das Leid der Verfolgung von Christen in der Welt geringzuschätzen, stellte er fest: „Der ‚geistliche Mensch‘ in uns erlebt die Verfolgung durch den ‚äußeren Menschen‘ in uns. Und nur wer diese Verfolgung erduldet, ihr nicht ausweicht, sich durch sie nicht müde machen lässt, wird die Verheißung erlangen. Die menschliche Gesellschaft wird sich nicht ändern, wenn der einzelne sich nicht ändert.“

Kein ‚einfaches’, aber ein spannendes Thema am Pfingstmontag in der Abendkirche ‚Worship & Mission’. Durch den Abend führt Sie Christoph Wagner. Und Bianca und Markus Galla machen mit ihrem Musikprogramm unserem auferstandenen Herrn alle Ehre und laden uns ein, Ihn beim Wort zunehmen: „ ... ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein“ (Apostelgeschichte 1,8).

Im Anschluss erwartet Sie und Ihre Gäste im Kirchenfoyer ein entspannter Ausklang des Abends bei einem kleinen Imbiss. Wir freuen uns auf Sie und auf eine gute und gesegnete Zeit mit Ihnen in der Abendkirche Bochum!

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