Lebensauftrag: Frucht bringen

 Predigt in der ABENDKIRCHE am 25.04.2010

Es gibt Fragen, die sind nie ein für allemal beantwortet. Die sollten wir uns immer wieder vorlegen! Weil sie uns aus unserm bequemen, aber irrenden Gewohnheitsdenken aufschrecken und uns da rausholen!

Dazu gehört auch die Frage: Was macht mich eigentlich zum Christen?

Ja, was macht mich dazu? Dass ich christlich getauft bin? Aber an meine Taufe kann ich mich nicht mal erinnern! Die ist lange her. Und die haben andere mit mir veranstaltet!

Dass ich Mitglied in der Kirche bin und brav meine Kirchensteuern zahle? Damit gehör' ich einer Religionsgemeinschaft an! Dass ich ein soziales Gewissen hab'? Mich um meine Mitmenschen kümmere? Auf der Spenderliste von Hilfswerken stehe nach Haiti oder anderen Katastrophen? Aber kümmern tun sich nicht nur Christen! Auch Atheisten sind nicht mitleidlos!

Dass ich am Sonntag in die Kirche gehe? Aber da geht auch die eine oder andere hin, der ich nicht unbedingt ein christliches Qualitätssiegel geben würde...

Ihr Lieben: Ich muss gar nicht lange rumrätseln, was mich zum Christen macht! Die Bibel sagt es mir: Es ist der Glaube an Jesus Christus! Es ist kein Verhalten, auch nicht das edelste! Es ist ein Verhältnis! Es ist die enge, vertraute und lebendige Beziehung, die ich zu Jesus pflege!

Er selbst redet davon im Johannesevangelium, Kap. 15:

Ich bin der wahre Weinstock, und mein Vater ist der Weingärtner, der alle unfruchtbaren Triebe abschneidet. Aber die fruchttragenden Reben beschneidet er sorgfältig, damit sie noch mehr Frucht bringen. Ihr gehört schon zu diesen guten Reben, weil ihr mein Wort angenommen habt. Bleibt fest mit mir verbunden, dann wird mein Leben in euch sein! Denn so wie eine Rebe nur dann Früchte tragen kann, wenn sie am Weinstock ist, so werdet auch ihr nur Frucht bringen, wenn ihr mit mir verbunden bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer bei mir bleibt, in dem bleibt mein Leben, und er wird viel Frucht tragen(Joh. 15, 1-5a – HfA)

 

Wissen Sie: Den Glauben halten ja manche Leute für 'ne schrecklich ernste Angelegenheit und entsprechende Gemütsverfassung! Dabei ist er im Gegenteil mit purer Lebensfreude verbunden! Das sehen wir hier! Warum vergleicht Jesus seine Freunde ausgerechnet mit Reben an einem Weinstock? Er hätte genauso gut sagen können: „Ich bin der Ölbaum, ihr seid die Zweige“! Aber Jesus wählt eben, wenn er vom Glauben redet, bewusst kein Bild aus dem Arbeitsalltag seiner Zeit – die Olivenernte war ja mit der Nahrungsbeschaffung für den täglichen Gebrauch ver-bunden - , nein, er wählt ein Bild, das verbunden ist mit Festen und Feiern! Mit Fröhlichkeit, Unbeschwertheit und Genuss! Seit Noahs Tagen ist es ja der Wein, an dem die Menschen besondern Gefallen finden! Zu dem getafelt, gelacht und getanzt wird! - Ein Bild vom Glauben also, das uns sagt: Das Leben mit Jesus macht froh, macht frei, macht reich! Es hebt über die Niederungen des Alltags mit seinen Sorgen und Lasten hinaus! Es verschafft dir ein befreites Aufatmen und Durchatmen! Das Leben unter Jesu Wort bedeutet Freude! Wie wir's hier oft singen: „Freude, die von innen kommt!“ Freude, mit der man auch nicht allein bleibt! Freude, die man mit andern teilt! Die man, wenn gefeiert wird, sogar auf der Zunge und im Gaumen schmecken kann!

Und ganz egal, ob Du - wie Jesus - selbst ein Freund des Weins bist oder bekennender Biertrinker oder bewusst abstinent – sein Bild will dir sagen: die enge Bindung an ihn, die formt dich zu einem wunderbaren, begnadeten Menschen! Zu einem, der zutiefst glücklich ist, weil er sich für das Leben und für die Ewigkeit beheimatet weiß! Zu einem, der was zu lachen hat! Der Zuversicht ausstrahlt! Und der andere mit seinem guten Mut anstecken kann!

Ja, Menschen, die sich zu Jesus halten und seine Nähe suchen, die strahlen was aus, um das sie zu beneiden sind!

Und deshalb sollten wir uns, die wir doch Christen sein wollen, immer wieder fragen: Wie ist das mit mir? Wie sieht das mit meinem Glauben aus? Macht er mich froh und frei? Hebt er mich über die kleinen Alltagssorgen hinaus? Macht er mich unabhängig von Zeitströmungen, von Trends, von Mehrheitsmeinungen? Schenkt er mir einen anderen Blick auf die Dinge, einen Blick aus höherer Warte? Läutert er meine Gedanken und Absichten? -

Daran kann ich nämlich messen, ob ich glaube oder ob ich nur glaube zu glauben!

 

Ihr Lieben! Wie kommt es nur zu dem verheerenden Irrtum, Christsein hätte was Düsteres und Entsagungsvolles an sich? An Jesus hat das doch keinen Anhalt! Wie kommt es nur zu der Ansicht, Glaube und Frömmigkeit seien gleichbedeutend mit geistigem Provinzialismus, mit Intoleranz und fundamentalistischer Gesinnung – so wie gewisse Medien das heute mit geradezu missionarischem Eifer verbreiten!? Ein total entstelltes Bild vom christlichen Glauben und vom Leben als Christ! Umso erfrischender fand ich ein Zitat, das ich neulich von Angela Merkel las: „Als evangelische Pastorentochter“, sagte sie da, „ist es mir nie in den Sinn gekommen, dass Protestantismus was mit Freudlosigkeit zu tun haben könnte.“

Aber zurück zum Evangelium! Da kommt ja nun sofort eine Frage auf: Dürfen wir denn das, was Jesus hier zu seinen Jüngern sagt, so einfach auf uns beziehen? „Ihr gehört schon zu diesen guten Reben, weil ihr mein Wort angenommen habt“?

Wir haben bei unserer Konfirmation „Ja“ gesagt zu Jesus. Aber das war damals! Was ist heute? Ist Jesu Wort mir heute so wichtig, dass ich regelmäßig da zu finden bin, wo ich IHN höre? Im Gottesdienst? Suche ich Antworten auf meine großen und kleinen Lebensfragen bei IHM? Frage ich ihn zuerst, wenn ich wichtige Entscheidungen zu fällen habe? Prägt mein Glaube mich so, dass andere, wenn sie mit mir zu tun haben, nach kurzer Zeit merken: Der oder die ist aber nicht so normal geeicht wie die Bekannten, Kumpel oder Kollegen, mit denen ich sonst Umgang habe! Der oder die hat was Besonderes, was sie ausmacht, was ihr Profil gibt, ja, was sie irgendwie lebenstüchtiger zu machen scheint... ?

Oder weiter: Bin ich auf Grund meines Glaubens für andere Menschen in besonderer Weise Vertrauensperson? Rede ich so mit Leuten in meinem Umfeld, dass ihnen das Gespräch mit mir gut tut – selbst wenn das, was ich zu sagen habe, für sie nicht leicht verdaulich ist? Das ist der Gradmesser dafür, wie nah ich Jesus tatsächlich bin!

Und wie ist das mit meiner Gemeinde? Entspricht sie dem Bild, das Jesus hier malt? Ist freudige Feststimmung das Markenzeichen von „Trinitatis Bochum“? Ist das die Atmosphäre, in die Menschen bei uns eintauchen? Stößt man in unsern Kreisen, Vereinen und Mitarbeiterteams auf den Geist Jesu? Auf seine Menschenfreundlichkeit? Auf seine Orientierung am Willen des Vaters?

Ich meine damit nicht, dass da, wo Jesus das Sagen hat, „heile Welt“ wäre, konfliktfreie Zone. Aber wir hätten in unsern Konflikten eine gemeinsame Basis: nämlich an erster Stelle das Bestreben, Jesus Ehre zu machen! Die Frage wär' dann nicht: Wie komme ich gut aus dieser oder jener Sache raus? Sondern: Was würde Jesus an meiner Stelle jetzt tun? Wie würde ER jetzt reagieren? Hätte ich ihn nicht viel früher schon in meine Gedanken einschalten sollen, bevor ich mich nach dem elenden Echo-Gesetz zu unbedachten Reaktionen hab' hinreißen lassen?

Sie merken: Ich hab da eine tolle Vision von Gemeinde, von Gemeinde Jesu Christi, wie sie sein kann! Altkanzler Helmut Schmidt ist zwar der Meinung „Wer Visionen hat, soll zum Arzt gehen!“ Aber in der Bibel spielen Visionen durchaus eine Rolle, und durch sie redet Gott persönlich!

Heute haben wir eine großartige Chance, liebe Schwestern und Brüder! Wir dürfen den großen Weingärtner bitten, dass er Hand an uns legt! Wir haben ja gehört: Er geht achtsam mit uns um. Er greift nicht gleich zu Axt und Spaten. Er beschneidet sorgfältig und behutsam den einen oder andern Wildwuchs – einzig zu dem guten Zweck, dass wir Frucht bringen! Denn Frucht zu bringen ist unsere Bestimmung! Frucht zu bringen, ist unser Lebensziel! Gott hat uns dieses Lebensziel gesteckt!

Er hat uns nicht zum Erfolg verdonnert oder ehrgeizig angetrieben wie manche Eltern ihre Kinder! Aber geistliche Frucht, die sucht er bei uns! Die sucht er bei uns unser Leben lang, an welchem Platz wir auch stehen! Und ob er die bei uns findet, daran hängt, wie er uns beurteilt! Daran hängt auch unser Schicksal, wenn wir hier mal abtreten!

Wissen Sie: die bürgerliche weiße Weste - sofern wir die vorweisen können -, die beeindruckt Gott wenig! Die findet er ja auch bei Nichtchristen! Ihm geht's um den Glauben und seine Früchte! Und die sucht er nicht bei einem Kollektiv! Die sucht er nicht bei seiner Kirche! Die sucht er bei jedem Einzelnen! Bei Ihnen und bei mir!

In diesen Tages entsetzen sich viele außerhalb und innerhalb der Kirche über die Missbrauchsfälle, die jetzt in kirchlichen Einrichtungen ans Licht kommen. Da offenbaren sich wahre Abgründe. Da brechen nie verheilte Wunden wieder auf. Da kann man nur betroffen und mit Abscheu reagieren. Aber eine kluge Redensart erinnert uns daran: Wenn ich mit dem Zeigefinger auf andere zeige, weisen 3 andere Finger auf mich zurück! Was mein' ich hier damit?

So berechtigt unsere Empörung auch ist, - sie sollte uns nicht davon ablenken, dass unsere kritische Wachsamkeit immer zuerst uns selbst zu gelten hat! Ich bin auch überzeugt: die Glaubwürdigkeit der Kirche in unserer Zeit hängt nicht so sehr an der Institution und ihren Repräsentanten. Irgendwann sind diese oder anders gelagerte Fälle genügend diskutiert und von der Presse ad acta gelegt. Aber Sie und mich nimmt man weiter wahr! Und wir werden beobachtet: in der eigenen Familie, in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz, im Bekanntenkreis, in der Gemeinde!

Was Vatikan und Kirchenleitungen verlautbaren, ob einer sein Amt zur Verfügung stellt, um es nicht weiter zu beschädigen und die Kirchenbasis aktuell zu beruhigen – das ist für die Menschen draußen von untergeordnetem Interesse! Sie gucken danach, wie die vielen geartet sind, die – um's salopp zu sagen – noch zu diesem Verein gehören.... Nicht nur Gott, auch sie suchen „Früchte des Glaubens“ bei uns! Erkennbare Zeichen dafür, dass wir mit Jesus nicht nur bekenntnismäßig was zu tun haben, sondern dass er uns auch wirklich prägt!

Wenn wir da beschämt sein müssen, dann bitten wir Gott, dass er uns verändert!

Das tut jedenfalls unser Chor mit seinem nächsten Lied!

„Let my heart be changed, renewed“ (Lass mein Herz verwandelt werden, erneuert werden) heißt es in: „Power of your love“.

CHOR: Power of your Love

 

Ansprache 2

Und wie hab' ich mir das jetzt vorzustellen, dass Gott an mir arbeitet? Dass er mich zurückstutzt? Dass er mich „reinigt“? Dass er mich von toten Trieben befreit? Dass ich ein Christ nach seinem Herzen werde? Ein Christ in der Lebens- und Schicksalsgemeinschaft mit Jesus?

Ich möchte sagen: Das passiert Erstens, indem ich mich bewusst an Jesus halte! Indem ich zu dem Buch greife, in dem ich ihn kennen lerne, der Bibel! Indem ich regelmäßig meine Angelegenheiten mit ihm bespreche! Besonders, wo es um Gewissensfragen geht! Und viel mehr Fragen als wir denken, werden ganz schnell zu Gewissensfragen, wenn ich sie Jesus vorlege!

Ich geb' gern zu: Es gibt immer wieder Tage, an denen krieg ich das mit der Lagebesprechung mit Jesus einfach nicht hin. Weil mir die Pflichten im Nacken sitzen. Weil mir die innere Ruhe fehlt. Weil ich keine Zeit zu haben glaube. Weil ich mich nicht dazu aufgelegt fühle... Handhabe ich das aber über längere Zeit ziemlich lax und spring einfach rein in den Tag ohne geistlichen Kompass, dann merk' ich auch schnell, wie leicht ich mich verzettele, wie ich in bestimmten Situationen nicht gewappnet bin, wie ich auf Herausforderungen unsicher reagiere, wie ich wichtige Gelegenheiten versäume oder wie der kleinste Gegenwind mich umpustet... Und im Nachhinein muss ich dann feststellen: Ich hab' gar keine Zeit gewonnen, indem ich auf meine „stille Zeit“ mit IHM verzichtet hab'! Ich hab' sogar Zeit vergeudet! Ich hab' unnötig Kräfte geschont, die ich bei klarem Kurs effektiv hätte nutzen können...

Wissen Sie: Zeit mit Gott zu verbringen, am besten zu Beginn eines Tages, ist kein frommer Luxus! Das zahlt sich aus! Die Bibel ist ja nicht zuletzt eine Gebrauchsanweisung zu einem erfüllten Leben! An komplizierte technische Geräte wag' ich mich ja auch nicht ran, ohne die Bedienungsanleitung wenigstens überflogen zu haben! Und um wie viel komplizierter, komplexer und fallenreicher ist mein und Ihr Leben! Da können wir gar nicht genügend Hilfestellung und Anleitung bekommen! Und möglichst kompetente!

 

Zweitens, möcht' ich sagen, arbeitet Gott an mir durch Menschen! Durch Menschen, die er mir über den Weg schickt: Menschen, die mir freundlich begegnen, mir Gutes tun, meine gefühlte Lebensqualität spürbar steigern! Aber auch Menschen, durch die er mich vor Aufgaben stellt, an denen ich wachsen und mich bewähren soll! Manchmal sind es sogar solche, über die ich mich ärgere, weil sie mir was sagen oder zu verstehen geben, was mir gegen den Strich geht, was mich wurmt! Aber die agieren vielleicht in Gottes Auftrag, ohne es selbst zu wissen! Und ich kann doch nur gewinnen, wenn ich mich mal mit ihren Augen sehe und mir ihre Kritik zu Herzen nehme... Ich muss doch keine Sorgen haben. Ich weiß doch: Der Weingärtner steht hinter mir. Er hat mich geschaffen. Er hat gewollt, dass es mich gibt. Er hat mich in Arbeit und in Pflege. Und das Aussortieren und Verwerfen steht nur ihm zu!

Drittens, glaube ich, arbeitet Gott an mir durch Ereignisse, Ereignisse in meinem Leben, die mir was sagen wollen! Durch unverhoffte Fügungen, die mir Auftrieb geben, die mich beflügeln und neu motivieren! Aber auch durch unerwartete Stops! Durch unfreiwillige Pausen oder Kurskorrekturen. Durch Dinge, die mein Leben in andere Bahnen lenken, in denen ich noch unerfahren bin, die aber ihre eigenen Chancen bergen, mich als Christ weiter zu entwickeln ...

Ich bin mir sicher: meistens merken wir das gar nicht, dass da Gott an uns arbeitet! Dass er uns eine Botschaft schickt! In der Krankheit z.B.! Kranksein halten wir ja für ein Übel. Es soll möglichst schnell vorbeigehn. Dabei kann es sogar heilsam für mich sein, - falls ich z.B. dazu neige, mich für unentbehrlich zu halten! Dann machen mir die andern vor, dass es auch ohne mich geht! Eine wichtige Erfahrung! Hoffentlich lerne ich aus ihr! Krankheit ist ja auch eine Gelegenheit, zur Ruhe zu kommen, innezuhalten, die eigene Lebensführung mal auf den Prüfstand zu heben!

Ich hab' tatsächlich bei mehreren Menschen erlebt, denen ich beruflich und privat begegnet bin, dass ihre Krankheit sie milder, barmherziger, bescheidener und zufriedener gemacht hat! Da hat Gott spürbar an diesen Menschen gearbeitet! Da sind Früchte in ihnen gereift! Früchte, die ihnen selbst und den andern gut taten!

 

Und was, wenn mich ein schweres Schicksal trifft? Wenn ich einen geliebten Menschen verliere durch Trennung oder Tod? Wenn ich die Krebsdiagnose bekomme? Oder wenn ich einen herben finanziellen Verlust erleide?

Dann wird mein Glaube, wenn er was taugen soll, auch für solche Erfahrungen Platz haben und nicht an ihnen scheitern! Dann lässt Gott mich begreifen und annehmen, dass Er selbst die einzige Konstante in meinem Leben ist, auf die ich mich verlassen kann und darf! Ich verstehe dann, dass mein eigenes Leben, das Leben von Menschen, die mir wichtig sind, und dass auch günstige Lebensumstände ein Geschenk Gottes sind und eine Leihgabe auf Zeit! Und deshalb üb' ich immer schon mal in Gedanken das letzte Loslassen, das auf mich zukommt!

Wissen Sie: Frucht bringen heißt für mich, dass ich Schritt halten lerne mit den Absichten, die Gott für mein Leben hat – und das unabhängig von meinen jeweiligen Lebensumständen! Frucht bringen kann ich nämlich auch dann noch, wenn es - menschlich betrachtet - mit mir abwärts geht: wenn meine Arbeitskraft vielleicht nicht mehr gefragt ist oder wenn ich körperlich eher hilfsbedürftig bin! Vielleicht entwickele ich dann ja andere Fähigkeiten, die in meiner aktiven Zeit verkümmerten, wie z.B. das Zuhören! Das echte Zuhören – mit dem Herzen, nicht nur mit den Ohren!

 

Aber jetzt möcht' ich doch noch etwas praktischer werden! Sehen Sie: ganze siebenmal fordert Jesus uns in seiner Weinstockrede auf, bei ihm und seinem Wort zu bleiben. Das meint natürlich nicht nur regelmäßiges Bibellesen! Was hilft alles Lesen und Erkenntnisse gewinnen, wenn ich sie nicht umsetze? Wer das ernstlich will: sich von Jesus in seinem Denken und Tun bestimmen lassen, der macht in allen Lebensbereichen Inventur: Was ist da nicht in Ordnung? Was sollte ich endlich tun? Und was sollte ich nicht mehr tun?

Ich z.B. bin seit Kurzem dabei, einfach kritischer zu prüfen, womit ich kostbare Lebenszeit zubringe! Die Bibel sagt uns im Epheserbrief: „Kauft die Zeit aus!“ Luther übersetzt so. Die Gute-Nachricht-Bibel übersetzt: „Nutzt die Zeit in der rechten Weise!“ Das ist kein guter, unverbindlicher Ratschlag! Das ist ein Gebot! Das sollten wir nicht leichtfertig beiseite schieben! Denn wir sind ja nicht die Eigentümer unserer Zeit! Sie gehört Gott! Gott hat sie uns geliehen zu verantwortlichem Umgang! Ja, und was heißt das für nun mich konkret?

Nur ein Beispiel: Ich schau mir gern ab und zu einen guten Krimi an. Aber Filme mit Szenen brutaler Gewalt, die will ich mir nicht mehr ansehen! Für mich stellt sich als Christ hier die Frage: Was für Gedanken lasse ich in meinen Kopf? Was für Bilder lasse ich an meine Seele ran? Beim Essen stopf' ich doch nicht sorglos ungesundes Zeug in mich rein! Und genauso sollte ich doch auf mein geistiges Futter achten! Gott möchte doch auch Herr über meinen Kopf sein!

Und ich denke, wenn Sie in Ihrer Familie Kinder oder Jugendliche haben, für die Sie noch einen Erziehungsauftrag haben, dann stellt sich an dieser Stelle auch für Sie – ob Sie's bisher so gesehen haben oder nicht - die Glaubensfrage, nämlich: Wie werden junge Menschen nach Gottes Willen geformt und gebildet? Was tut ihnen gut, und woran nehmen sie Schaden? Auch wenn Sie überzeugt sind: Mein Sohn wird durch den Konsum von Gewaltszenen noch nicht zum Gewalttäter, der kann damit umgehen, - dann heißt das noch lange nicht, dass seine Seele nicht doch Schaden nimmt! Nicht von jetzt auf gleich, aber immer ein bisschen mehr! Denn sie stumpft bekanntlich ab durch Gewöhnung! Und außerdem sollten wir ja doch bei allem, was wir tun, uns immer fragen: „Warum?“ „Warum tun wir das?“ und nicht: „Warum nicht?“!

Noch ein Beispiel, das bei der Inventur bei mir rausgekommen ist: Von Jesus erfahr' ich im NT, dass er niemals Menschen nach dem Munde geredet hat, dass Gottes Wille für ihn über allem stand und er deshalb auch keine Scheu hatte, wunde Punkte bei den Menschen aufzudecken und sie mit einer klaren Ansage zu verbinden, was zu tun ist!

Mich selbst ertapp' ich aber immer wieder dabei, wie ich bemüht bin, mich fremden Ansprüchen zu beugen, es den Leuten recht zu machen, möglichst niemanden zu verprellen oder zu sehr zu irritieren. Wenn ich aber ernsthaft bei Jesus bleiben will, dann muss ich viel häufiger ein klares Wort sagen, ob es zu passen scheint oder nicht – im Herzen mit redlicher Absicht, im Ton freundlich und zugewandt, aber in der Sache klar und eindeutig!

Oder denken Sie jetzt, das betraf mich nur, solange ich mit meinem Beruf in der Öffentlichkeit stand und da naturgemäß öfter herausgefordert war? Denken Sie, der Ruhestand wird mich da mehr „in Ruhe lassen“?

Bestimmt nicht! Denn überall, wo Menschen auf Menschen treffen und miteinander kommunizieren, da sind wir herausgefordert! Wo geredet wird, gibt es meist auch was zu hinterfragen und zurecht zu rücken bzw. in das Licht stellen, das von Gott her auf unsere Angelegenheiten fällt!

 

Sie und ich, wir sind dazu berufen, Rebe am Weinstock Jesus zu sein, die Frucht bringt! Aus unserm Leben was Großartiges zu machen! Jesus traut uns das zu! Wir müssen nur seinem und unserm Vater, dem Weingärtner, total freie Hand lassen, wenn er uns begutachtet und bearbeitet! Amen.

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